"Lernt Glauben, Lernt Kämpfen, Lernt Sterben" - Veranstaltung über "Kriegerdenkmäler" in München und Bayern am 9. November 2022 um 20 Uhr im Rationaltheater

"Lernt Glauben, Lernt Kämpfen, Lernt Sterben" - Kriegerdenkmal im oberfränkischen Pommersfelden - Foto: Wolfram Kastner
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Der Bund für Geistesfreiheit München lädt ein zum Bildvortrag mit Wolfram Kastner über militaristische und nationalistische Kriegsmonumente im Freistaat. Im Anschluss gibt es eine Diskussion über den Umgang mit steinerner Kriegspropaganda im öffentlichen Raum.
 

"Lernt Glauben, Lernt Kämpfen, Lernt Sterben", "Sie starben für Deutschlands Ruhm und Ehre", "Für dein Vaterland ließen sie ihr Leben, sie starben für dich" oder "Helden der Stadt, ruhende Saat, mahnen zur Ernte künftiger Tat". Das sind keine Auszüge aus Reden von Hitler, Goebbels, Hindenburg oder Ludendorff, das sind Aussagen, die man heutzutage noch immer auf sog. Kriegerdenkmälern in Pommersfelden (seit 1935), München-Neuhausen (seit 1962), München-Giesing (seit 1929) und Hof (seit 1927) findet. Und solche "Kriegerdenkmäler" sind keine Einzelfälle, es gibt sie zu tausenden in Bayern, die mit Skulpturen und Texten der getöteten Soldaten als Helden gedenken und ihnen für ihre Taten und ihr Sterben den Dank der "Heimat" und/oder des "Vaterlandes" zusichern.
 
Auffallend ist, nur an den wenigsten Kriegsmonumenten sind Friedensformulierungen zu finden, zumeist begegnet man militaristischen und nationalistischen Phrasen, nicht selten versehen mit dem Wunsch nach neuen Kriegen. Es fehlen Trauer und Bedauern sowie Entsetzen und Schmerz über die durch den Krieg und seine Folgen verkrüppelten, verstörten, vergewaltigten und auf Lebenszeit traumatisierten Frauen, Kinder und Männer.
 
Diese "Kriegerdenkmäler" werden noch immer alljährlich zum "Volkstrauertag" mit Kränzen der Bundeswehr, der Kommunen, von Veteranenverbänden oder Burschenschaften dekoriert. Dabei stellte Kurt Tucholsky schon 1932 treffend fest: "Jede Glorifizierung eines Menschen, der im Kriege getötet worden ist, bedeutet drei Tote im nächsten Krieg."

Lokale Bilder
Kriegerdenkmal München-Neuhausen

Wie soll in Zukunft mit Stein gewordener Kriegspropaganda umgegangen werden?
 
Der Künstler Wolfram Kastner wird in seinem Bildvortrag zunächst unterschiedliche Kriegsmonumente, die meist nach dem ersten Weltkrieg oder zur Zeit des Nationalsozialismus entstanden sind, zeigen und historisch einordnen. Viele finden sich in der Nähe von Kirchen oder in Kirchenräumen. Oft werden dort religiöse Zitate wie "Eine größere Liebe hat niemand, als der sein Leben gibt für seine Freunde (in Andechs)" verwendet und religiöse Motive hinzugefügt, die den zerstörerischen Krieg mit göttlichen Segen versehen und den Soldaten zum Gotteskrieger stilisieren. Zudem wird Wolfram Kastner darauf eingehen, wie in der jüngeren Vergangenheit versucht wurde, Kriegerdenkmäler zu verändern bzw. mit erklärenden, leider oft nichtssagenden Tafeln zu versehen. 
 
In der sich anschließenden Diskussion wird darüber gesprochen werden, wie mit Kriegs- und Heldenverherrlichung heute umgegangen werden sollte, wie "Kriegerdenkmäler" einem echten Friedenswillen folgend ergänzt und umgestaltet werden können. Ein positives Beispiel ist sicher das entmilitarisierte Kriegsmonument in Traunstein. In dem stählernen Kubus am Friedhof sind folgende Inschriften zu lesen:

Lokale Bilder
Entmilitarisiertes Kriegerdenkmal-Traunstein

"Für König und Kaiser im Namen der Ehre das Leben verschenkt / verblutet auf dem Schlachtfeld Europa / gezwungen Leben zu opfern / im Glauben betrogen / gestorben 1914-1918 // Zum Gedenken der Opfer beider Weltkriege / ermahnt euch selbst, die ihr hier steht / den Sieg im Krieg, um den es geht, hat nur der Tod allein // Verführt zum Krieg im Glauben / an den Sieg verraten / belogen, ins Unheil gestürzt, erfroren, verhungert, getötet, verstümmelt, in den Meeren ertrunken, gestorben 1939-1945"
 
Veranstaltung am 9. November 2022 im Rationaltheater und Ausstellung "DenkMalKrieg - DenkMalFrieden" im Kunstpavillon Alter Botanischen Garten
 
Gerade in der heutigen kriegerischen Zeit, ist es noch wichtiger geworden, darüber zu diskutieren, wie den Opfern der von Deutschland begonnenen Weltkriegen gedacht wird. Der für die deutsche Geschichte wichtige 9. November bietet für unsere Veranstaltung einen guten Rahmen. In Berlin wurde am 9. November 1919 von Philipp Scheidemann und Karl Liebknecht die Republik ausgerufen, gegen die Weimarer Republik putschte vier Jahre später, am 9. November 1923, erfolglos Adolf Hitler und am 9. November 1938 fand die Pogromnacht gegen die jüdische Bevölkerung in Deutschland statt. Der 9. November erinnert uns daran, zu jeder Zeit Widerstand gegen Nationalismus, Faschismus und Militarismus zu leisten und uns unbedingt für Frieden und Demokratie einzusetzen.
 
Die Veranstaltung am 9. November im Münchner Rationaltheater (Hesseloherstr. 18, 80802 München) beginnt um 20 Uhr. Nach Vortrag und Diskussion ist noch Zeit zum geselligen Austausch in der einmaligen Atmosphäre des schönsten Privattheaters Münchens. Der Eintritt ist frei.
 
Vom 27. Oktober bis 24. November 2022 findet zudem "DenkMalKrieg - DenkMalFrieden - Ausstellung zur Kritik und Veränderung von Kriegsmonumenten im deutschsprachigen Raum" im Kunstpavillon Alter Botanischen Garten (Sophienstraße 7a, 80333 München) statt. Dort werden Entstehung und Geschichte einiger besonders militaristischer Denkmäler auf Fahnen und Informationstafeln mit Bildern und Texten in der Ausstellung dokumentiert. Ebenso neuere Beispiele von Veränderungen und Zusätzen. Einige Künstler*innen haben Alternativen und Umgestaltungen zu Kriegsmonumenten entwickelt. Diese Arbeiten werden ebenfalls in der Ausstellung gezeigt. Mehr Info finden Sie hier.

Lokale Bilder
Vorschlag-Umwidmung-Kriegerdenkmal-Pommersfelden

Simulation für ein entmilitarisiertes Kriegerdenkmal in Pommersfelden - Foto: Wolfram Kastner